Unsere Welt ist ein Universum

Was bedeutet AD(H)S eigentlich?

ADS ADHS Aufmerksamkeitsdefizitstörung Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung

Mehr als Zappelphilipp und Träumerliese

Rund um AD(H)S gibt es immer wieder kontroverse Diskussionen, dass es eine Modediagnose wäre und einst normale Verhaltensweisen heute stigmatisiert und problematisiert werden.

Viele Fachleute und Organisationen betonen die Echtheit von ADHS als neurologische Störung und weisen darauf hin, dass eine angemessene Diagnose und Behandlung für Betroffene von großer Bedeutung ist, denn hinter Zappelphilipp und Träumerliese steckt viel mehr.

Betroffene wurden früher einfach als faul, unkonzentriert, rücksichtslos und unkontrolliert wahrgenommen. Heute wissen wir, dass es eine neurologische Störung ist, die viele Lebensbereiche betrifft und zu inneren Konflikten und äußeren Problemen führt.

Ich selbst war extrem überfordern und mehr als skeptisch als meine klinische Psychologin im Zuge meiner ASS Austestung ihren Verdacht äußerte. Konfrontiert mit dem Verdacht und meinem alten ADHS-Doku-Wissen konnte ich mich in diesem Bereich überhaupt nicht wiedererkennen. Und wollte es auch nicht. Doch genau wie bei Autismus las ich mich immer mehr in die Materie ein und erlebte so einige „AHA“ Erlebnisse.

ADS ADHS AD(H)S Aufmerksamkeitsdefizit Hyperaktivitäts Störung Definition

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung

ADS ist die deutsche Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit Störung. Das H welches oft als (H) geschrieben wird bringt die Hyperaktivität zum Ausdruck. Im englischen lautet die Abkürzung ADHD für Attention deficit hyperactivity disorder. Die Hyperaktivität stellt ein zusätzliches Merkmal dar. Darum spricht man landläufig von zwei Krankheiten – ADS und ADHS. Derzeit mehrt sich die Forderung, dass AD(H)S als Spektrum gesehen wird, ähnlich der Autismus-Spektrum-Störung.

AD(H)S gehört zur Klasse der Hyperkinetischen Störungen (HKS) nach ICD-10. 

Nachdem lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass sich diese Störungen auf Kinder und Jugendliche beschränken, werden im ICD-10, wie auch bei DSM-5 nur Diagnosekriterien für das Kindes- und Jugendalter genannt. Eine Überarbeitung und Anpassung auf spezifische Diagnosekriterien für Erwachsene ist überfällig.

Die Hauptmerkmale

  • ein Mangel an Ausdauer bei Beschäftigungen – oft bei kognitiven Aufgaben
  • eine Tendenz, von einer Tätigkeit zur anderen zu springen – ohne etwas tatsächlich zu beenden
  • desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende Aktivität

 

Oft liegen weitere verschiedene Auffälligkeiten vor – dies muss aber nicht der Fall sein.

DSM-5 nennt acht verschiedene Symptome:

  • Unaufmerksamkeit
  • Vergesslichkeit – kann einzelne oder alle Lebensbereiche betreffen
  • Desorganisation – bei Handlungen und Ordnung
  • Hyperaktivität – im Verhalten wahrnehmbar
  • Impulsivität – schlechte Regulation der Gefühle
  • Ungeduld
  • Inneres Getriebensein – innere Hyperaktivität
  • Übermäßiges Reden – oft auch sehr schnell, „ohne Punkt und Komma“

 

keine eindeutigen Symptome hat, die ausschließlich bei auftreten. Außerdem können alle -Symptome auch aus anderen Störungsbildern resultieren und nicht jedes -Symptom tritt bei allen Betroffenen auf. Die Abgrenzung zu anderen Störungen- wie auch die Komorbiditäten- müssen hier sehr genau bei der klinischen Diagnostik beachtet werden.

Ein Leben mit AD(H)S

Als neuronale Störung beginnt AD(H)S meist im Kindesalter, selten im Jugendalter. Soll eine Diagnose im Erwachsenenalter gestellt werden, müssen die Symptome bereits im Kinder- und Jugendalter vorhanden gewesen sein. Werden ADHS typische Problematiken erst im Erwachsenenalter festgestellt und kann ein Vorliegen im Kindes- und Jugendalter nicht belegt werden, muss durch die Differenzialdiagnostik die richtige Diagnose gestellt werden.

Viele Symptome bestehen ein Leben lang, ändern jedoch die Intensivität. Manchmal verschwinden auch Symptome und neue treten auf.

Ein Leben mit ADHS

In der Kindheit äußert sich ADHS oft durch Hyperaktivität, Impulsivität und Aufmerksamkeitsprobleme. Kinder mit ADHS können unruhig sein, haben Schwierigkeiten still zu sitzen, sind impulsiv und handeln und sprechen oft bevor sie nachdenken. Sie können auch Probleme haben, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren- auch wenn sie es wollen. Sie sind leicht ablenkbar und neigen dazu Dinge zu vergessen oder zu verlieren. Gerade das Vergessen ist für Eltern oft problematisch, da es hier oft nicht nur um einen Bleistift geht; Kinder mit ADHS vergessen Hausaufgaben am laufenden Band. Selbst wenn Sie es sich aufschreiben- denn dann vergessen Sie dort nachzusehen oder dass sie es überhaupt geschrieben haben. Diese Situationen sind für alle Beteiligten extreme Herausforderungen und oft ist in solchen Fällen eine Diagnose wie ein Befreiungsschlag.

Im Erwachsenenalter können sich die Symptome von ADHS verändern. Während die Hyperaktivität bei vielen Erwachsenen abnimmt, bleiben die Probleme mit der Aufmerksamkeit und Impulsivität bestehen, oder intensivieren sich sogar. Erwachsene mit ADHS können Schwierigkeiten haben, ihre Gedanken zu organisieren, sich zu konzentrieren und ihre Aufgaben und Abläufe zu strukturieren. Sie neigen dazu, impulsiv zu handeln und haben möglicherweise Schwierigkeiten ihre Emotionen zu regulieren. Viele Erwachsene mit ADHS erleben auch Probleme im Berufsleben und in zwischenmenschlichen Beziehungen aufgrund ihrer Symptome. Gerade nicht diagnostizierte Erwachsende haben Strategien entwickelt (masking) um weniger aufzufallen, jedoch kostet dies viel Kraft, wodurch andere Probleme entstehen.

Die drei Arten von ADHS

Die drei Arten von ADHS

Derzeit wird die Aufmerksamkeitsdefizit – Hyperaktivitäts – Störung in drei Arten unterteilt:

Vorwiegend unaufmerksam – Hier sind Probleme mit der Aufmerksamkeit und Konzentration im Vordergrund, während Hyperaktivität und Impulsivität weniger ausgeprägt sind oder gar fehlen.

Vorwiegend hyperaktiv/impulsiv – Betroffene können unruhig sein, haben Schwierigkeiten, still zu sitzen, sind impulsiv und handeln oft, bevor sie nachdenken. Vor allem Kinder haben Probleme Regeln zu befolgen oder auf Handlungen zu warten.

Kombiniert – Dies ist die häufigste Erscheinungsform. Die Probleme treten hier in den drei Kernbereichen (Aufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität) auf. In diesem Bereich finde ich mich wieder, was in Kombination mit meinem Autismus große Herausforderungen für mich, aber auch für mein Umfeld mit sich bringt.

Impulsivität

Kinder und Erwachsene mit ADHS sind oft wesentlich impulsiver als neurotypische Personen. Dies fällt vor allem dadurch auf, dass Sie in Gesprächen ihr Gegenüber immer wieder unterbrechen, dass sie Antworten  geben, bevor sie die Frage richtig kennen und dass es ihnen sichtlich schwer fällt zu warten bis sie an der Reihe sind. Die Impulsivität schlägt sich jedoch auch in der Regulierung der Gefühle nieder, was immer wieder zu Gefühlsausbrüchen führt, egal ob Freude, Wut oder Angst.

Betroffene handeln, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, oder überhaupt nachdenken zu können. Gerade bei Impulskäufen werden zum Beispiel die finanziellen Gegebenheiten nicht beachtet oder die Notwendigkeit, was oft zu Schulden führt. Das „einfach“ Zurückgeben, gerade beim Onlineshopping, ist oft durch die Scham über das eigene Unvermögen, den Impulskauf zu vermeiden, gehandicapt.

ADHS Impulsivität
Unaufmerksamkeit AD(H)S

Unaufmerksamkeit

Die Aufmerksamkeitsproblematik betrifft sehr viele Lebensbereiche und löst oft Überforderung aus. Unaufmerksamkeit bedeutet nicht nur Dinge zu verlegen oder zu vergessen, sondern es fällt auch das Zuhören sehr schwer , es werden viele Flüchtigkeitsfehler gemacht, Tätigkeiten werden häufig abgebrochen und man ist auffällig leicht ablenkbar. Die Probleme schlagen sich auch in der Organisation der eigenen Gedanken und Aufgaben nieder.

Diese Auffälligkeiten treten in Alltag, Schule und Beruf auf und führen ebenfalls zu Frustration und geringem Selbstwertgefühl.

Auch hier kann mit den richtigen Therapien und Strategien Erleichterung erreicht werden.

Hyperaktivität

Der Bereich der Hyperaktivität ist meistens einer recht starken Wandlung im Laufe des Lebens unterzogen. Kinder leben ihre Hyperaktivität meist über die Bewegung aus und fallen durch den erhöhten Bewegungsdrang und das ständige Zappeln auf. Mit dem Jugendalter nimmt die Hyperaktivität zwar meist ab, jedoch nehmen innere Unruhe, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Risikoverhalten, Verkehrsunfallsgefährdung, Stimmungsschwankungen, Ängste, Depressivität, Leistungsverweigerung („Null-Bock-Mentalität“) und oppositionelles Verhalten zu. Der Schulabschluss erweist sich daher in vielen Fällen als sehr schwierig.

Erwachsene erleben die Hyperaktivität oft als innere Unruhe, Rastlosigkeit und Nervosität war. Sie haben Probleme still zu sitzen und wippen und fummeln dabei herum. Auch die so ersehnte Entspannung finden Erwachsene mit ADHS nur schwer. Der richtig dosierte Umgang mit Bewegung ist hier oft der Schlüssel, wobei hier meistens das Problem in der Dosierung liegt. Denn fangen sie an sich körperlich zu fordern setzt häufig ein regelrechter Schub ein, der bis zur totalen Erschöpfung geht.

Hyperaktivität ADHS

Warum eine AD(H)S Diagnose wichtig ist

Mit meinem kleinen Einblick in die Vielschichtigkeit und Problematik von ADHS möchte ich zum einen zeigen, dass es auf die Häufigkeit der Symptome und den individuellen Leidensdruck ankommt. Eine frühzeitige Diagnose und damit verbundene angemessene Unterstützung sind entscheidend, um den Betroffenen und seinem Umfeld zu helfen.

Der obige kurze Abriss über die Aufmerksamkeitsdefizit – Hyperaktivitäts – Störung lässt noch viele Symptome und Bereiche ungenannt, wie zum Beispiel:

  • Selbstregulierung – Stimming
  • Gedächtnis und Lernfähigkeit
  • Stressbewältigung
  • Beziehungsfähigkeit
  • Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

und viele weitere Aspekte.

Schritt für Schritt möchte ich auf die vielen verschiedenen Seiten eingehen und berichten.

Ich hoffe ein paar kleine Fragen hier bereits beantworten zu können und dich für das spannende Thema AD(H)S begeistern zu können.

Liebe Grüße

Christin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert